Wer erbt ohne Testament - Gesetzliche Erbfolge abstrakt dargestellt als verflochtene Gleise einer Modelleisenbahn

Überblick: Warum ist die gesetzliche Erbfolge wichtig?

Wenn jemand stirbt aber keinen Erbvertrag oder letztwillige Verfügung hinterlässt, stellt sich die Frage: Wer erbt ohne Testament? In Deutschland gibt es dafür die gesetzliche Erbfolge nach § 1923 ff BGB. Sie bestimmt, wer in welcher Reihenfolge und in welchem Umfang erbt. In diesem Beitrag erklären wir, wie die gesetzliche Erbfolge in Deutschland funktioniert und wer erbt, wenn es kein Testament gibt.

Inhaltsverzeichnis:

Wer erbt ohne Testament: Erbansprüche aus der gesetzlichen Erbfolge

Erben 1. Ordnung: Kinder und deren Nachkommen

Erben 1. Ordnung sind die Kinder des Verstorbenen. Wenn die Kinder noch leben, erben sie zu gleichen Teilen. Wenn eines der Kinder bereits verstorben ist, treten dessen Kinder (also die Enkel des Verstorbenen) an dessen Stelle und erben den Anteil des verstorbenen Elternteils.

Erben 2. Ordnung: Eltern und deren Nachkommen

Wenn es keine Erben 1. Ordnung gibt, erben die Erben 2. Ordnung. Das sind die Eltern des Verstorbenen und deren Nachkommen, also Geschwister des Verstorbenen und deren Kinder (Nichten und Neffen). Wenn die Eltern noch leben, erben sie zu gleichen Teilen. Sind sie bereits verstorben, treten ihre Kinder (die Geschwister des Verstorbenen) an ihre Stelle.

Erben 3. Ordnung: Großeltern und deren Nachkommen

Gibt es auch keine Erben 2. Ordnung, kommen die Erben 3. Ordnung zum Zug. Das sind die Großeltern des Verstorbenen und deren Nachkommen, also Tanten und Onkel des Verstorbenen und deren Kinder (Cousins und Cousinen). Auch hier gilt: Leben die Großeltern noch, erben sie zu gleichen Teilen. Sind sie bereits verstorben, erben ihre Kinder (Tanten und Onkel des Verstorbenen)den jeweiligen Anteil.

Erben 4. Ordnung und darüber hinaus

Wenn es keine Erben bis zur 3. Ordnung gibt, erben die noch weiter entfernten Verwandten, wie zum Beispiel Urgroßeltern oder deren Nachkommen. Die gesetzliche Erbfolge sucht so lange nach Verwandten, bis ein Erbe gefunden wird.

Gesetzliche Erbfolge Ehegatte - Sonderfall

Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner des Verstorbenen haben neben den Verwandten auch ein Erbrecht. Je nachdem, welche Verwandten erben, bekommt der Ehepartner oder Lebenspartner einen bestimmten Teil des Nachlasses.

  • Mit Erben 1. Ordnung (Kinder): Der Ehepartner oder Lebenspartner erbt 1/2, die Kinder teilen sich die andere Hälfte.
  • Mit Erben 2. Ordnung (Eltern, Geschwister): Der Ehepartner oder Lebenspartner erbt 3/4, die Erben 2. Ordnung teilen sich das restliche Viertel
  • Mit Erben 3. Ordnung oder höher (Großeltern,Tanten, Onkel, Cousins, Cousinen): Der Ehepartner oder Lebenspartner erbt alles.

Was passiert, wenn es keine gesetzlichen Erben gibt?

Wenn es keine gesetzlichen Erben gibt, also keine Verwandten gefunden werden können, erbt der Staat. Das nennt man "Fiskus-Erbschaft". Der Staat erbt jedoch nicht automatisch, sondern muss sein Erbrecht innerhalb von sechs Monaten geltend machen. In dieser Zeit können sich auch noch unbekannte Erben melden.

Erbfolge ohne Testament, wenn ein Erbe die Erbschaft ausschlägt

Manchmal kann es vorkommen, dass ein oder mehrere Erbe das Erbe nicht annehmen, zum Beispiel weil zu viele Schulden vorhanden sind. Laut Gesetz (§ 1942 Abs. 1 BGB), kann der Erbe das Erbe ausschlagen. Dann rückt automatisch die nächste Person in der Erbreihenfolge nach. So, als wäre der ursprünglich Erbberechtigte schon verstorben.

Das könnte dazu führen, dass die Wünsche des Verstorbenen nicht wie erhofft umgesetzt werden. Zum Beispiel: Ein Ehepaar nimmt an, dass ihre Kinder das Erbe nicht annehmen werden. Wenn dies geschieht und der erste Elternteil verstirbt, wird nicht automatisch der andere Elternteil Alleinerbe, sondern möglicherweise die Eltern des Verstorbenen oder deren Kinder. Dies kann zu Streitigkeiten führen.

Beispiele zur gesetzlichen Erbfolge

Beispiel 1: Erben 1. Ordnung - Familie Müller

Herr Müller ist verstorben und hinterlässt seine Ehefrau und zwei Kinder. Da es kein Testament gibt, greift die gesetzliche Erbfolge. Die Ehefrau von Herrn Müller erbt die Hälfte des Nachlasses und die beiden Kinder teilen sich die andere Hälfte zu gleichen Teilen.

Beispiel 2: Erben 2. Ordnung - Familie Schmidt

Frau Schmidt stirbt ohne Testament. Sie hat keine Kinder aber zwei Geschwister: einen Bruder und eine Schwester. In diesem Fall erben die Geschwister zu gleichen Teilen, da sie die Erben 2. Ordnung sind. Wenn Frau Schmidt verheiratet gewesen wäre, hätte ihr Ehepartner 3/4 des Nachlasses geerbt und die Geschwister hätten sich das restliche Viertel geteilt.

Beispiel 3: Komplexe Erbschaft - Familie Weber

Herr Weber ist verstorben und hinterlässt eine komplexe Erbsituation ohne Testament. Herr Weber hatte zwei Kinder, Anna und Benjamin.

Anna ist bereits verstorben und hatte zwei Kinder, Lisa und Lukas. Benjamin ist noch am Leben und hat ein Kind, Tim. Herr Weber hat auch eine Schwester, Frau Wagner, die zwei Kinder hat, Sarah und Tobias. Herr Weber war zudem verheiratet.

In dieser komplexen Erbsituation greift die gesetzliche Erbfolge wie folgt:

  1. Da Herr Weber verheiratet war, erhält seine Ehefrau die Hälfte des Nachlasses.
  2. Die andere Hälfte des Nachlasses wird unter den Kindern aufgeteilt. Da Anna bereits verstorben ist, treten ihre Kinder Lisa und Lukas an ihre Stelle und teilen sich Annas Anteil, der ¼ des Nachlasses betragen hätte. Somit erben Lisa und Lukas je 1/8.
  3. Benjamin ist noch am Leben und erbt somit den restlichen 1/4.
  4. Die Geschwister des Verstorbenen, in diesem Fall Frau Wagner, und ihre Kinder Sarah und Tobias, sind hier nicht erbberechtigt, da es Erben 1. Ordnung (Kinder und Enkelkinder) gibt.

Zusammengefasst erbt Herr Webers Ehefrau 1/2 und Benjamin 1/4. Lisa und Lukas erben jeweils 1/8 des Nachlasses.

Herausforderungen bei mehreren Erben

Gibt es mehr als einen Erben, so entsteht eine Erbengemeinschaft. Diese Konstellation bringt gewisse Rechten und Pflichten mit sich. So müssen unter anderem alle Miterben gemeinsam den Nachlass sichern und verwalten, für Schulden aufkommen und den Nachlass aufteilen. Lesen Sie sich weiter in die Themen Nachlassabwicklung und Erbengemeinschaft ein.

Fragen und Antworten zur gesetzlichen Erbfolge

Wie sieht die gesetzliche Erbfolge aus?

Die gesetzliche Erbfolge ist in Deutschland im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 1924ff BGB) geregelt und bestimmt die Reihenfolge und den Umfang des Erbes, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorhanden ist. Sie basiert auf verschiedenen Ordnungen von Verwandten, wobei die Erben 1. Ordnung (Kinder) vor den Erben 2. Ordnung (Eltern und Geschwister) und diese wiederum vor den Erben 3. Ordnung (Großeltern und deren Nachkommen) erben.

Wer erbt wieviel bei gesetzlicher Erbfolge?

Die Höhe des Erbanteils hängt von der Ordnung der Erben und der Anzahl der Erben ab. Bei Erben 1. Ordnung (Kinder) erben diese zu gleichen Teilen.

Sind diese verstorben, treten ihre Kinder an ihre Stelle. Bei Erben 2. und 3. Ordnung erben die noch lebenden Verwandten entsprechend der Erbquote. Sind diese verstorben, treten deren Kinder an ihre Stelle.

Wie ist die Erbreihenfolge ohne Testament?

Die Erbreihenfolge ohne Testament folgt der gesetzlichen Erbfolge, die in verschiedene Ordnungen unterteilt ist. Die Erben 1. Ordnung erben vor den Erben 2. Ordnung, die wiederum vor den Erben 3. Ordnung erben. Sollte es keine Erben bis zur 3. Ordnung geben, erben Verwandte höherer Erbordnung.

Wie ist die gesetzliche Erbfolge, wenn ein Ehepartner stirbt?

Der überlebende Ehepartner* hat neben den Verwandten auch ein Erbrecht. Je nachdem, welche Verwandten erben, erhält der Ehepartner einen bestimmten Anteil des Nachlasses. Der Anteil variiert zwischen 1/2 (mit Kindern), 3/4 (mit Eltern oder Geschwistern) und Alleinerbe (mit Erben 3. Ordnung oder höher).

Wann ist der Ehepartner Alleinerbe?

Der Ehepartner ist Alleinerbe, wenn kein anders lautendes Testament und keine Erben 1. oder 2. Ordnung vorhanden ist.

Wer erbt das Haus, wenn nur ein Ehepartner im Grundbuch steht?

Wenn nur ein Ehepartner im Grundbuch steht und dieser stirbt, hängt die Erbfolge von der gesetzlichen Erbfolge oder einem Testament ab. Ist kein Testament vorhanden, erbt der überlebende Ehepartner einen Teil des Nachlasses, zu dem auch der Anteil am Haus gehört.

Die restlichen Erben erhalten ebenfalls entsprechende Anteile gemäß der gesetzlichen Erbfolge.

Fazit: Die gesetzliche Erbfolge in Deutschland

Die gesetzliche Erbfolge in Deutschland beantwortet also die Frage: Wer erbt ohne Testament? Dabei erben in erster Linie die Kinder, gefolgt von Eltern und Geschwistern, Großeltern und weiteren Verwandten. Der Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner erbt ebenfalls einen bestimmten Teil des Nachlasses. Wenn es keine gesetzlichen Erben gibt, dann erbt der Staat. Es ist jedoch ratsam, ein Testament zu erstellen, um Streitigkeiten unter den Erben zu vermeiden und sicherzustellen, dass der eigene letzte Wille erfüllt wird.

 

 

Hinweis: In diesem Text nehmen wir an, dass das Ehepaar im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebte. Bei Gütertrennung ist der Sachverhalt anders.

Ratgeber

Unsere Expertise ist Ihr Vorteil - weitere Themen rund um das Erben